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Bildungsteilzeit: Lebenslang lernen - eine Chance für alle

Gegen Bildung ist kaum jemand. Doch in der Wirklichkeit sind persönliche Weiterbildung und Qualifizierung oft nur graue Theorie. Den Beschäftigten fehlt dafür entweder die Zeit, oder das Geld. Oft sogar beides. Das will die IG Metall ändern. Sie fordert deshalb für die Beschäftigten eine Bildungsteilzeit.

Der Spruch klingt banal, abgenutzt und trotzdem ist er immer noch richtig: Bildung ist das A und O. Wie sehr diese Aussage zutrifft und was die Beschäftigten dazu sagen, das hat auch die große Beschäftigtenbefragung der IG Metall vor einem Jahr offen gelegt. Damals erklärten 93 Prozent der Befragten, dass es für sie wichtig sei, sich weiterzubilden, um bis zur Rente in ihrem Job arbeiten zu können.

Jörg Hofmann, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, erklärt dazu: »Ein längeres Arbeitsleben bei einem immer schnelleren technisch-organisatorischen Umbruch in den Betrieben braucht Teilhabechancen an Bildung für alle - auch nach der Erstausbildung, damit sich die Beschäftigten beruflich fortentwickeln können«.

Digitalisierung der Arbeitswelt und Industrie 4.0 sind Beispiele für die großen bevorstehenden Veränderungen von Arbeitsprozessen. Traditionelle Berufe werden weniger gebraucht, andere werden neu entstehen. Auch die Zahl der Arbeitsplätze mit geringen Qualifikationsanforderungen wird stark abnehmen. Viele Beschäftigte werden sich beruflich neu orientieren müssen. Wann und wie schnell dieser Umbruch kommt, ist noch nicht klar. Doch es ist sicher, dass es ihn geben wird. Gut qualifizierte Beschäftigte sind dann besser in der Lage, sich auf betriebliche Veränderungen einzustellen und können schneller anspruchsvollere Aufgaben übernehmen. Daher fordert die IG Metall in der nächsten Tarifrunde neben einer Erhöhung der Entgelte, einer neuen Altersteilzeit auch eine Bildungsteilzeit. Dabei geht es der Gewerkschaft nicht um Anpassungsqualifizierung. Das Ziel ist, dass die Beschäftigten zusätzliche berufsqualifizierende, arbeitsmarktfähige Abschlüsse erwerben können.

Oft fehlt das Geld

Tatsächlich sind die Chancen für Arbeitnehmer, sich beruflich weiterzuqualifizieren, gering. Beschäftigte, die sich weiterbilden möchten, müssen zwei Probleme lösen: Zeit und Geld.

Viele haben keine Zeit sich zu qualifizieren, weil sie im Job eingebunden sind. Sie könnten sich nur während ihrer Freizeit weiterbilden. Doch das ist schwierig, vor allem nach einem langen Arbeitstag. Und es ist kaum möglich, wenn man private Verpflichtungen, eine Familie oder Kinder hat. Doch die größte Hürde ist das Geld. Kaum jemand kann es sich leisten, ein Jahr oder länger auszusteigen und dabei aufs Gehalt zu verzichten. Dazu kommt, dass Bildungsmaßnahmen teuer sind und Neues zu erlernen ist oft mühevoll.

Der Bedarf ist aber so hoch, dass sich 2013 trotzdem jeder dritte Beschäftigte weitergebildet hat. Die meisten von ihnen waren jedoch schon ziemlich gut qualifiziert. Diese Erkenntnis des IAB deckt sich mit den Ergebnissen der Beschäftigtenbefragung der IG Metall. Sie zeigte zudem: Fast alle wollen sich weiterbilden und finden das auch sehr wichtig für ihre berufliche Zukunft, doch es scheitert am Geld und der Zeit.

Chancen für alle

Dabei profitieren von beruflicher Weiterbildung die Arbeitnehmer ebenso wie die Unternehmen. Einige Firmen haben das erkannt und bieten Bildungsmaßnahmen an, natürlich mit dem Ziel den eigenen Fachkräftebedarf zu sichern. Doch die Teilhabe an beruflicher Bildung darf kein Gnadenakt des Arbeitgebers sein.

»Mit einer Bildungsteilzeit wollen wir Aufstiegschancen für alle eröffnen«, sagt Jörg Hofmann. Der Gewerkschafter sieht drei Beschäftigtengruppen, die von einer Bildungsteilzeit profitieren würden: Erstens die Un- und Angelernten. Gerade für sie ist Qualifizierung essentiell. Denn ihre Arbeitsplätze werden in den nächsten Jahren deutlich weniger. Gleichzeitig benötigt die Industrie aber mehr qualifizierte Fachkräfte. Damit sich die Beschäftigten eine Auszeit für die Bildung nehmen können, will die IG Metall das Netto-Entgelt auf einem Niveau sichern, das den erreichten Lebensstandard absichert.

Auch die jungen Auslerner mit einer dualen Ausbildung könnten die Bildungsteilzeit nutzen. Ziel ist es, für sie neben der Freistellung, Stipendienmodelle in Kombination mit öffentlicher Förderung und Beschäftigung in den Semesterferien und Praktikumsphasen anzubieten. Damit könnte die duale Ausbildung als attraktiver Einstieg zu einem beruflichen Aufstieg werden.

Die dritte Gruppe sind Beschäftigte, die sich nach längerer Erwerbstätigkeit neu orientieren wollen oder eine zweite Chance ergreifen wollen. Sie könnten sich im Rahmen eines Teilzeit- oder Blockmodells weiterbilden - beispielsweise zum Meister, Techniker oder Bachelor.

Berufliche Weiterbildung ist für alle ein Gewinn - für die Beschäftigten ebenso wie für die Unternehmen. Diese sollten darin eine Chance sehen, denn mit immer neu qualifizierten Belegschaften können sie im globalen Wettbewerb besser bestehen.

QUELLE: Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Vorstands der IG Metall

 

(19.11.2014, prh)

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