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Baden-Württemberg: Positive Erfahrungen mit der Bildungszeit

DGB Baden Wuerttemberg

Bündnis Bildungszeit: Seminare zur beruflichen und politischen Weiterbildung sind gut besucht 

Seit einem Jahr (1. Juli 2015) gilt das Bildungszeitgesetz in Baden-Württemberg. Das vom DGB Baden-Württemberg gegründete Bündnis Bildungszeit zieht aus diesem Anlass eine positive Zwischenbilanz. »Die ersten Erfahrungen sind sehr ermutigend. Es zeigt sich, dass es eine starke Nachfrage nach Seminaren zur beruflichen und politischen Weiterbildung gibt. Und auch die Qualifizierung für Ehrenämter, die ja erst seit dem 1. Januar 2016 möglich ist, läuft gut an«, sagte die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf bei einem Pressegespräch in Stuttgart.

Sie ergänzte: »Es braucht allerdings einige Jahre Zeit, bis das Gesetz in der Breite wirken kann. Die Beschäftigten müssen erst einmal über ihren Anspruch auf Bildungszeit informiert werden. Bildungszeit zu nehmen wird erst nach und nach zu etwas Selbstverständlichem im Berufsalltag. Zudem ist Baden-Württemberg das einzige Bundesland, in dem die Beschäftigten die Bildungszeit neben der beruflichen und politischen Weiterbildung auch für die Ehrenamtsqualifizierung nutzen können. Insofern ist die Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern nur bedingt gegeben«.

Das Bündnis Bildungszeit besteht aus 15 Verbänden und Dachorganisationen quer durch die Gesellschaft. Es setzt sich auf politischer Ebene für die Bildungszeit ein und macht den gesellschaftlichen Nutzen der Bildungszeit bekannt. Darüber hinaus bewerben die anerkannten Bildungsträger ihre Seminarangebote.

Insgesamt sind knapp 470 Bildungseinrichtungen im Land bisher vom Regierungspräsidium Karlsruhe als Träger der beruflichen und politischen Bildung anerkannt (Stand 1. Juni 2016). Hinzu kommen noch 22 anerkannte Träger von Qualifizierungsmaßnahmen für ehrenamtliche Tätigkeiten (Stand 8. Juni 2016).

Aus gewerkschaftlicher Sicht wertete es Frenzer-Wolf als einen großen Erfolg, dass sich die Beschäftigten nun aus eigenem Antrieb und mit selbstgewähltem Ziel weiterbilden können. »Es darf nicht vom Gutdünken des Arbeitsgebers abhängen, wer sich beruflich und persönlich weiterentwickeln darf. Davon profitieren auch die Arbeitgeber, davon profitiert unsere ganze Gesellschaft. Angesichts der großen Themen und Herausforderungen der nächsten Jahre – Europapolitik, der Frage des gesellschaftlichen Zusammenhaltes, der Migrationspolitik, des raschen technologischen Wandels – ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen Zusammenhänge verstehen und die Ursachen von Krisen analysieren können. Nur wenn die Menschen gut informiert sind, stärken wir unsere Demokratie. Nur so treten wir Rechtspopulisten mit kraftvollen Argumenten entgegen«, so die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende.

Die Gewerkschaften leisteten ihren Teil zur Bildungszeit, indem sie ein breites Angebot an Bildungsangeboten machten und für Gewerkschaftsmitglieder die Seminarkosten übernähmen. Frenzer-Wolf weiter: »Die meisten Arbeitgeber im Land haben akzeptiert, dass es die Bildungszeit gibt und dass der Landtag die Gesetze macht und nicht die Wirtschaftsverbände. Leider kommt es dennoch immer wieder vor, dass Anträge von Beschäftigten abgelehnt werden – zumeist aus fadenscheinigen Gründen«.

Der Volkshochschulverband mahnt in Sachen Bildungszeit zu »mehr Ruhe und Vernunft«, sagte der Direktor des Verbandes Dr. Hermann Huba. Vernünftig wäre es, das einmal beschlossene Gesetz seinen Weg in die betriebliche und soziale Wirklichkeit gehen zu lassen, es dabei beobachtend zu begleiten und seine Wirkung wie vorgesehen nach vier Jahren zu evaluieren. »Und was geschieht? Der Weg des Bildungszeitgesetzes wird gestört durch andauernde Rücknahmediskussionen, der Evaluationszeitraum wird unentwegt verkürzt, notwendige Daten für eine Evaluation werden aber gar nicht erhoben. Statt dessen spekuliert man über angeblich katastrophische Auswirkungen. Das ist nicht vernünftig: Bevor man eine Wirkung untersuchen und bewerten kann, muss man sie eintreten lassen«.

Für die Kirchliche Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg (KiLAG) und für die katholische Kirche in Baden-Württemberg sagte Michael Krämer, der Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) der Diözese Rottenburg-Stuttgart: »Die Kirchliche Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung hat sich seinerzeit sehr für die Einführung eines Bildungszeitgesetzes in Baden-Württemberg eingesetzt und aktiv an der Formulierung wie an der Gestaltung der Rechtsverordnung mitgearbeitet. Wir begrüßen es sehr, dass das Bildungszeitgesetz neben der beruflichen Bildung auch die politische Bildung umfasst. Angesichts der politischen Situation im Land scheint es uns dringlicher denn je, Menschen zu einer fundierten, reflektierten politischen Urteilsbildung zu befähigen. Der gesellschaftliche Partizipationsgedanke ist deswegen zu Recht ein wesentliches Element des Bildungszeitgesetzes. Und es ist gut, dass diese Partizipation umfassend gemeint ist und nicht nur das Berufsleben umfasst. Die Kirchliche Landesarbeitsgemeinschaft wie die Kirchen in Baden-Württemberg sind froh, dass es gelungen ist, auch die Qualifikation von Ehrenamtlichen in das Bildungszeitgesetz aufzunehmen. Damit hat Baden-Württemberg ein Gesetz geschaffen, das dem vielfältigen gesellschaftlichen Engagement in unserem Lande Rechnung trägt. Und die Stärke des bürgerschaftlichen Engagements in Baden-Württemberg ist nicht zuletzt auch ein Standortvorteil. Dass die Qualifizierung Ehrenamtlicher neben der politischen und verbandlichen Arbeit auch die kirchlich und im Weiterbildungsbereich tätigen Ehrenamtlichen umfasst, ist für die Kirchen und die KiLAG eine Selbstverständlichkeit. Problematisch scheint uns, dass das Bildungszeitgesetz zwar relativ bekannt, aber nicht in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Viele, gerade ehrenamtlich Tätige befürchten bei Inanspruchnahme der Bildungszeit Nachteile am Arbeitsplatz. Befristet angestellte Personen trauen sich erst recht nicht, Bildungszeit zu nehmen, weil sie um eine Vertragsverlängerung fürchten. Hier ist noch einiges an Bewusstseinsarbeit notwendig. Eine Beschränkung des Bildungszeitgesetzes auf Maßnahmen der betrieblichen Bildung und eine Verringerung des Ansatzes zur Qualifizierung von Ehrenamtlichen ist für die KiLAG und die Kirchen nicht akzeptabel«.

Matthias Werner, der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Ländliche Erwachsenenbildung (ALEB), hob ebenfalls die Bedeutung der Qualifizierungsmöglichkeiten für das Ehrenamt hervor: »Mit dem Anerkennungsverfahren für Qualifizierungsmaßnahmen im ehrenamtlichen Bereich ist es gelungen, dass Ehrenamtliche für Fortbildungen Bildungszeit beantragen können. Wenn sich im Land nahezu die Hälfte der Menschen für andere engagieren, zeigt dies den Stellenwert des Ehrenamtes in Baden-Württemberg. Eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Ehrenamtlichen ist nur mit Qualifizierungen möglich und deshalb ist es gut, dass das Land diesen Bereich mit in das Gesetz aufgenommen hat. (...)«.

Im Bündnis Bildungszeit sind vertreten:

Arbeitsgemeinschaft Ländliche Erwachsenenbildung Baden-Württemberg (ALEB)
AWO Bezirksverband Württemberg
Betriebsseelsorge in der Diözese Rottenburg-Stuttgart
BUND Landesverband Baden-Württemberg
Deutscher Gewerkschaftsbund Bezirk Baden-Württemberg und seine acht Mitgliedsgewerkschaften
Fritz-Erler-Forum Baden-Württemberg
Katholische Erwachsenenbildung Diözese Rottenburg-Stuttgart
Kirchliche Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg
Landesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KEB) in Baden-Württemberg
Landesfamilienrat Baden-Württemberg
Landesfrauenrat Baden-Württemberg
Landesjugendring Baden-Württemberg
Naturfreunde Baden-Württemberg
Schwäbischer Turnerbund
Volkshochschulverband Baden-Württemberg

 QUELLE: Nach einer Meldung des DGB Baden-Württemberg

  (01.07.2016, prh)

Weitere Informationen zum Bildungszeitgesetz

siehe auch: Berufliche Weiterbildung stark gefragt

siehe auch: Baden-Württemberg ließ Bildungszeitgesetz evaluieren

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