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Erwerb digitaler Kompetenzen in der Lehrerausbildung ist wichtig für das Unterrichten auf Distanz

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Ergebnisse einer Befragung von Berufseinsteigerinnen und -einsteigern in den Lehrer*innenberuf in Nordrhein-Westfalen und von Absolvent*innen der Universität Köln 

Durch die Covid-19-Pandemie mussten in Deutschland aufgrund der Schulschließungen im März 2020 und der Einführung eines »rollierenden Systems« im Mai Schüler*innen die Unterrichtsinhalte weitgehend auf Distanz und zu Hause lernen. Lehrerinnen und Lehrer sahen sich so mit einer herausfordernden Situation konfrontiert.

Erste Ergebnisse einer Befragung von Berufseinsteiger*innen in den Lehrberuf in Nordrhein-Westfalen und von Absolvent*innen der Universität zu Köln durch die Qualitätssicherung der Zukunftsstrategie Lehrer*innenbildung (ZuS) sind jetzt im »European Journal of Teacher Education« veröffentlicht worden und zeigen: Der Ausbau von digitalen Lernangeboten während der Ausbildung von Lehrkräften sowie die Bereitstellung von Infrastruktur in den Schulen und die Stärkung der Selbstwirksamkeit von Lehrpersonen sind wichtig, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Selbstwirksamkeit meint die Überzeugung der einzelnen Lehrkraft, auch größere Probleme durch eigenes Handeln bewältigen zu können. Im Mai und Juni 2020 wurden 89 Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen, die maximal zwei Jahre im Beruf stehen, befragt.

»Wir haben uns gefragt, ob digitale Werkzeuge zur Bewältigung der Herausforderungen des Unterrichtens auf Distanz von den Lehrpersonen genutzt werden und ob diese hilfreich sind. Wir nahmen an, dass insbesondere Lehrpersonen, die erst vor kurzem, also in den letzten zwei Jahren, ihre Ausbildung abgeschlossen haben, hier von ihren digitalen Kompetenzen profitieren könnten«, erläutert Professor Dr. Johannes König (Uni Köln), dessen Schwerpunkt die Empirische Schulforschung ist.

Die Umfrage fand im Rahmen des Handlungsfeldes Qualitätssicherung innerhalb des Projekts »Heterogenität und Inklusion gestalten: Zukunftsstrategie Lehrer*innenbildung (ZuS statt, welches Teil der bundesweiten BMBF-geförderten »Qualitätsoffensive Lehrerbildung« ist.

Unter anderem wurde gefragt, mit Hilfe welcher technischen Mittel die Kommunikation mit Schüler*innen und Eltern aufrechterhalten wurde und inwieweit Unterrichtsinhalte online angeboten wurden. Es wurde zudem untersucht, ob neue Unterrichtsinhalte eingeführt und ob Unterrichtsmaterialien nach den Kompetenzen der Schüler*innen differenziert von den Lehrkräften angeboten wurden. Die Forscher*innen gingen außerdem der Frage nach, ob der Lernerfolg überprüft wurde und inwieweit die Lehrkräfte Feedback gaben.

Die Ergebnisse zeigen, dass rund 90 Prozent der Lehrpersonen berichten, regelmäßig mit den Schüler*innen und Eltern während des Lernens auf Distanz kommuniziert zu haben. Auch boten die Lehrpersonen Schüler*innen mit Förderbedarf zusätzliche Unterstützung an. Online-Unterrichtsstunden wurden von rund 20 Prozent der Lehrpersonen wöchentlich angeboten, rund 70 Prozent nutzten diese Möglichkeit allerdings nicht. Die Mehrheit der Lehrpersonen gab an, Feedback zu geben, Aufgaben zu differenzieren und auch neue Inhalte während des Lernens auf Distanz eingeführt zu haben. Online-Leistungsüberprüfungen wurden jedoch selten, nämlich von weniger als 20 Prozent der Lehrpersonen durchgeführt.

»Wir fragten uns, ob die digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte, die technische Infrastruktur ihrer Schulen sowie Themen zur schulischen Digitalisierung während der Lehrer*innenbildung einen Beitrag zur Bewältigung des Unterrichtens auf Distanz leisten konnten«, so König weiter. Es zeigt sich, dass jeder dieser drei Bereiche förderlich für die Bewältigung des Lehrer*innenberufs während der Pandemie Covid-19 war.

Vor allem das technologisch-pädagogische Wissen der Lehrpersonen und Lerngelegenheiten zum Erwerb digitalisierungsbezogener Medienkompetenzen im Bereich »Informieren und Recherchieren« in der Ausbildung erleichterten die Kommunikation mit den Schüler*innen und Eltern sowie das Stellen von individuell abgestimmten Aufgaben für das Distanzlernen.

Hatten die Lehrpersonen in ihrer Ausbildung digitalisierungsbezogene Medienkompetenzen im Bereich »Informieren und Recherchieren« erworben, so erleichterte ihnen dies die Einführung neuer Inhalte beim Distanzlernen. Auch die Ausstattung der Schulen, gemessen am Vorhandensein von Berechtigungen für Online-Apps und Kommunikationsplattformen, steht in einem positiven Zusammenhang mit der Durchführung von Online-Unterricht. An Schulen, an denen Apps genutzt werden können, stellten die Lehrpersonen häufiger sicher, dass die Kommunikation mit den Schüler*innen und Eltern gelingt und den Schüler*innen passgenaue Aufgaben dargeboten wurden.

Eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz digitaler Instrumente ist laut den Umfrageergebnissen auch die wahrgenommene Selbstwirksamkeit. Denn Lehrpersonen, die von sich selbst annehmen, dass sie im Unterricht etwas bewirken können, haben auch häufiger digitale Instrumente erprobt bzw. genutzt.

In Nordrhein-Westfalen ist das neue Schuljahr gerade gestartet. Vor diesem Hintergrund ordnet Professor König die gewonnenen Erkenntnisse ein: »Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass Schulen dann gut aufgestellt sind, wenn sie die Lehrpersonen hinsichtlich digitaler Kompetenzen weiterbilden und in ihrer Eigenverantwortung stärken. Zudem muss das Land dafür Sorge tragen, dass die Infrastruktur in den Schulen den derzeitigen Anforderungen gewachsen ist. Nicht zuletzt sollte die Förderung digitaler Kompetenzen jedoch bereits in der Ausbildung an den Universitäten und in den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) systematisch ausgebaut werden«.

  (19.08.2020, prh)

Zur englischsprachigen Veröffentlichung

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