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Österreicher wechseln im Laufe ihres Lebens durchschnittlich 3,4 mal das Berufsfeld

bfi

Studie: Weiterbildung erhöht die Zahl der Berufsjahre ohne Arbeitslosigkeit, minimiert den Wechselwillen und bringt eine Balance aus Flexibilität und Stabilität in die Karrieren der Menschen.

Schulabschluss, Praktikum, arbeitslos, dann der Neuanfang, die steile Karriere – und ein erneuter Bruch in der Erwerbsbiografie. Zum modernen Lebenslauf gehört mittlerweile auch die Lücke. Schon seit geraumer Zeit stehe das traditionelle Erwerbssystem – man arbeitet bis zur Pensionierung im einmal gewählten Berufsfeld – unter Druck, betont Franz-Josef Lackinger vom BFI Wien: »Die Lücke im Lebenslauf ist auch kein Problem, so lange sie nicht zu groß ist«.

Im Schnitt absolvieren die Österreicherinnen und Österreicher im Laufe ihres Lebens 3,4 Berufswechsel, wie eine von BFI Wien und FAS Research gemeinsam durchgeführte Studie nun zeigt. »Die durchschnittliche Verweildauer in einem Beruf beträgt 6,23 Jahre und die Menschen arbeiten in diesem Zeitraum im Durchschnitt für zwei Arbeitgeber«, konkretisiert Harald Katzmair, Geschäftsführer von FAS Research.

Die Gefahr des »Verbrennens«

Schwierig wird die Situation nach Meinung des Netzwerk- und Sozialforschers dann, wenn viele Berufs- und Arbeitgeberwechsel in einem kurzen Zeitraum stattfinden. »Die Studie zeigt, dass bei häufigerem Berufswechsel die Zyklen immer kürzer werden. Die durchschnittliche Verweildauer im Beruf nimmt also mit jeder zusätzlichen Station ab. Die Menschen verheizen sich förmlich selbst im Versuch, ihr Berufsleben in geordnete Bahnen zu lenken«. Relativ häufig sei dieses Phänomen bei Menschen zu beobachten, die über keine formale Berufsausbildung verfügen und als Montage-, Reinigungs- oder Hilfsarbeitskräfte arbeiten oder im Dienstleistungssektor – etwa als Kellner oder Regalbetreuer – tätig sind. »Sie bewegen sich in einem Umfeld, in dem man oft herumgeschubst wird, in dem man förmlich durch die Gassen der Berufslandkarte getrieben wird«, zeichnet Katzmair ein überspitztes Bild. »Die durch die Globalisierung forcierte Verlagerung von Arbeitsplätzen, das Outsourcing von Beschäftigung in Niedriglohnbereichen, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sowie die Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse raubt diesen Menschen jedwede Stabilität im Berufsleben«, so Lackinger.

Aber ist diese Entwicklung alternativlos? »Nein«, meint Lackinger, »die Studie zeigt eindrucksvoll, dass Weiterbildungsmaßnahmen in diesen Berufsgruppen eine besonders stabilisierende Wirkung auf die Berufslaufbahn haben«. Gerade Hilfsarbeitskräfte können die Zahl der Berufsjahre ohne Erwerbslosigkeit (+3,2 Jahre) und die Anzahl der Berufsjahre beim gleichen Arbeitgeber (+3,3 Jahre) durch Weiterbildung signifikant steigern – Menschen in Dienstleistungsberufen wiederum verlängern ihre Karrieren durch Weiterbildung im Schnitt um 6,8 Jahre. Auch zeige sich deutlich, dass berufsweiterbildende Kurse Menschen dabei helfen, die Karriereleiter zu erklimmen. »Hilfsarbeitskräfte steigen in Dienstleistungsberufe, Anlagebedienerinnen und –bediener in technische Berufe und Verkäuferinnen und Verkäufer zu kaufmännischen Fachkräften auf«, so Katzmair.

Eingefroren im Beruf

Es gebe aber nicht nur jene Menschen, die durch oftmalige Berufs- und Arbeitgeberwechsel Gefahr laufen zu verglühen. Denn auch ein zu langer Verbleib im selben Berufsfeld könne Probleme mit sich bringen, betont Lackinger: »Berufliche Stabilität, passables Gehalt, Privilegien: Das klingt verlockend. Wenn sich die beruflichen Rahmenbedingungen aber ändern, kann ein ‚Einfrieren' im Beruf zum großen Problem werden«. Bestes Beispiel sei der klassische Schalterbeamte einer Bank: »Stellen Sie sich vor, Sie haben nach Ihrer Bankkaufmannlehre 30 Jahre am Schalter die Kunden betreut. Dann kommt die Bankenkrise, die Institute setzen verstärkt auf Onlinebanking und Sie vor die Tür. Noch einmal ganz von vorne anfangen, sich neu orientieren und in einem Alter, in dem die eigenen Eltern sich vielleicht schon das erste Mal zurückgelehnt und einen gemächlicheren Gang eingelegt hatten, eine zweite Karriere starten. Das ist nicht unbedingt jedermanns Traumvorstellung«.

Auch in Situationen wie dieser hat Weiterbildung eine absolut positive Auswirkung auf den Berufsverlauf: »Wenn man zu lange in ein und demselben Bereich verharrt, kann es schon passieren, dass man den Anschluss verliert und nicht am Puls der Zeit ist. Berufliche Weiterbildung kann hier genau den entscheidenden Funken auslösen, um in einer anderen Position wieder gestärkt ins Arbeitsleben einzusteigen«, so Lackinger. Für Katzmair ist die Studie der eindeutige Beleg, dass ein gelungenes Berufsleben eine Mischung aus Stabilität und Flexibilität ist: »Ein Zuviel an Flexibilität führt dazu, dass die Leute verheizt werden – zu viel Stabilität lässt die Leute erstarren. Den ‚Idealzustand des Equilibriums' erreicht man jedenfalls leichter durch berufsbezogene Aus- und Weiterbildung. Das verdeutlichen die vorliegenden Zahlen eindrucksvoll«.

Gutes Investment für den Arbeitgeber

Dass es einen positiven Zusammenhang zwischen betrieblicher Weiterbildung und Firmenproduktivität gibt, hat die AK bereits ermittelt: Demnach bringt eine Verdopplung der durchschnittlich investierten Kurskosten pro Person und Jahr von 145 auf 290 Euro einen durchschnittlichen jährlichen Produktivitätszuwachs von 1.900 Euro pro Beschäftigten für das Unternehmen. Das heißt: Jeder Euro, den Unternehmen in Weiterbildung investieren, bringt 13 Euro zusätzlichen Ertrag. Bisher befürchteten Arbeitgeber allerdings, dass eine Höherqualifizierung der Mitarbeiter auch die Wechselabsichten steigert. Jedoch ist genau das Gegenteil der Fall: So sinkt der Wechselwunsch etwa in Dienstleistungsberufen von 53% auf 32%, wenn ein berufsweiterbildender Kurs besucht worden ist. Bei Handwerks- und verwandten Berufen geht die Zahl von 50 auf 19% zurück und bei Bürokräften sinkt der Wert von 47 auf 19%. Lediglich bei Hilfarbeitskräften steigt der Wechselwunsch mit dem Besuch eines berufsweiterbildenden Kurses von 60 auf 67%. Lackinger: »Die Studie zeigt deutlich, dass Weiterbildung auch die Zufriedenheit im Beruf deutlich steigert«.

Solider Schutz vor Erwerbslosigkeit

Ein weiteres nicht minder eindrucksvolles Ergebnis der Studie: Berufliche Weiterbildung schützt länger vor Erwerbslosigkeit. »In fast allen Berufshauptgruppen verlängern sich die Berufsjahre, die eine Person ohne Phase der Erwerbslosigkeit verbringt, deutlich«, streicht Lackinger hervor. Bei Verkäuferinnen und Verkäufern sowie Dienstleistungsberufen sind es demnach ganze 6,8 Jahre, bei leitenden Angestellten 5,3 Jahre, bei Bürokräften und auch bei Hilfsarbeitskräften im Schnitt drei Jahre mehr, die man in einem Beruf verbringt, ohne in die Erwerbslosigkeit zu geraten.

(14.01.2015, prh)

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