Schriftsprachkompetenzen im deutschsprachigen Raum stagnieren
20 Prozent der Erwachsenen kämpfen mit geringer Literalität
Die neueste LEO PIAAC 2023-Studie zeigt, dass etwa 20 Prozent der Erwachsenen im deutschsprachigen Raum über geringe Schriftsprachkompetenzen verfügen. In Deutschland entspricht dies rund 10,6 Millionen Menschen, in Österreich hat der Anteil von 16 auf 27 Prozent zugenommen, während die Schweiz bei 20 Prozent liegt. Trotz Bildungsexpansion und zahlreicher Integrationsmaßnahmen bleiben diese Werte seit Jahren konstant. Besonders die wachsende Bedeutung von Zuwanderung spielt eine große Rolle für diese Entwicklung.
Geringe Literalität in Deutschland und Nachbarländern
Die LEO 2018-Studie der Universität Hamburg hatte schon 2018 gezeigt, dass etwa 12,1 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland nur geringe Lese- und Schreibfähigkeiten besitzen, was rund 6,2 Millionen Menschen entspricht. Diese geringe Literalität schränkt die gesellschaftliche Teilhabe insbesondere in digitalen Medien, Gesundheitsfragen, Finanzen und Politik stark ein. LEO PIAAC 2023 bestätigt diese Problematik mit stagnierenden Zahlen, wobei in Österreich der Anstieg besonders gravierend ausfällt. Auch international zeigen viele Länder einen Anstieg bei geringer Literalität.
Ursachen und Trends bei geringer Literalität
Geringe Schriftsprachkompetenz ist eng mit höheren Altersgruppen, Zuwanderung und niedrigem Bildungsstand verbunden. So sind 33 Prozent der gering literalisierten Erwachsenen in Deutschland über 55 Jahre alt. Auffällig ist, dass Männer inzwischen mit 54 Prozent überdurchschnittlich oft zu dieser Gruppe gehören. Der Anteil von zugewanderten Menschen mit geringer Literalität hat in Deutschland von 28 auf 46 Prozent zugenommen, in der Schweiz liegt er sogar bei 58 Prozent.
Bildung und berufliche Auswirkungen
Trotz steigender Bildungschancen bleibt der Anteil gering literalisierten Menschen mit niedriger Schulbildung in Deutschland bei etwa 35 Prozent stabil. Viele der gering Literalisierten haben formale Abschlüsse, die oft im Ausland erworben wurden oder durch spätere Bildungswege entstanden. Beruflich arbeiten 18 Prozent dieser Gruppe in einfachen Tätigkeiten, fast 40 Prozent in Blue-Collar-Jobs. Die Arbeitsmarktteilhabe stagniert bei etwa 60 Prozent, die Weiterbildungsteilnahme liegt lediglich bei 25 Prozent.
Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe
Das subjektive Gesundheitsempfinden gering literalisierten Erwachsenen in Deutschland ist gesunken; nur 58 Prozent bewerten ihre Gesundheit als gut, während es in Österreich und der Schweiz stabil bleibt. Das soziale Vertrauen ist bei gering Literalisierten ebenfalls niedriger. Die politische Selbstwirksamkeit, das Gefühl, politischen Einfluss zu haben, beträgt nur 17 Prozent, gegenüber 33 Prozent bei höher literalisierten Menschen.
Forschungsbedarf und Empfehlungen
Die Studien betonen, dass geringe Literalität in vielen Bereichen noch untererforscht ist. Besonders neue Fragestellungen zu Weiterbildungszeiten, mathematischen Grundkompetenzen und der Rolle von Persönlichkeit sowie Digitalisierung eröffnen wichtige Forschungsfelder. Die Studie empfiehlt eine breitere, integrative Herangehensweise in der »Dekade der Alphabetisierung und Grundbildung« bis 2026, um mehr gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
(02.09.2025, prh)
Suchen in Neuigkeiten & Terminen
Lesekompetenz in Österreich: Die Kluft zwischen Bildungsgruppen wächst
OECD-Erhebung über die Kompetenzen Erwachsener 2023
Millionen Erwachsene in Deutschland haben Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben
Niedersachsen: Neues Förderprogramm stärkt Grundbildung für Erwachsene
Neues Onlineportal informiert zur Grundbildung in Niedersachsen