OECD-Erhebung über die Kompetenzen Erwachsener 2023

PIAAC zu Grundkompetenzen Erwachsener: Deutschland über dem internationalen Mittelwert
Die OECD-Erhebung zu den Kompetenzen Erwachsener untersucht Schlüsselkompetenzen wie Lesekompetenz, mathematische Kompetenz und Problemlösungskompetenz.
Diese Kompetenzen gelten als entscheidend für das individuelle Wohlergehen und den gesellschaftlichen Fortschritt. Erwachsene mit hohen Kompetenzen sind besser auf komplexe Herausforderungen vorbereitet und können fundierte Entscheidungen treffen.
An der Erhebung 2022/2023 beteiligten sich 31 Länder, darunter Deutschland, das bereits 2011/2012 teilgenommen hatte. Die Ergebnisse ermöglichen es, die Kompetenzentwicklung zu bewerten und Herausforderungen zu identifizieren.
Deutschlands Ergebnisse im internationalen Vergleich
Deutschland liegt in allen untersuchten Bereichen über dem OECD-Durchschnitt:
- Lesekompetenz: 266 Punkte (OECD-Durchschnitt: 259 Punkte)
- Mathematische Grundbildung: 273 Punkte (OECD-Durchschnitt: 266)
- Anpassungsfähiges Problemlösen: 261 Punkte (OECD-Durchschnitt: 252)
Allerdings zeigte die Studie auch Defizite: 22 Prozent der deutschen Erwachsenen erreichten im Lesen nur die niedrigste Kompetenzstufe, während 14 Prozent die höchste Kompetenzstufe erreichten. Ähnliche Unterschiede zeigten sich in den Bereichen Mathematik und Problemlösen.
Alters- und Generationenunterschiede
Jüngere Erwachsene (16-24 Jahre) schnitten deutlich besser ab als ältere Erwachsene (55-65 Jahre). Der Unterschied in der Lesekompetenz zwischen diesen Gruppen beträgt 20 Punkte. Diese Diskrepanz lässt sich durch Bildungsunterschiede und altersbedingten Kompetenzverlust erklären.
Besonders bemerkenswert ist, dass junge Erwachsene im Jahr 2023 im Vergleich zu ihrer Altersgruppe im Jahr 2012 besser abschneiden, während ältere Generationen einen Leistungsrückgang verzeichnen.
Bildung, Geschlecht, Migrationshintergrund
Bildung spielt eine zentrale Rolle für die Kompetenzen:
- Absolvent*innen des Tertiärbereichs erzielten in der Lesekompetenz im Durchschnitt 36 Punkte mehr als jene mit einem Abschluss der Sekundarstufe II.
- Männer schnitten in Mathematik besser ab als Frauen (13 Punkte Vorsprung), während Frauen im Lesen besser abschnitten (4 Punkte Vorsprung).
Erwachsene mit Migrationshintergrund schnitten schlechter ab als diejenigen ohne Migrationshintergrund. Nach Berücksichtigung soziodemografischer Faktoren verringerte sich der Unterschied in der Lesekompetenz jedoch von 75 auf 37 Punkte.
Exkurs: Welches sind diese Faktoren und wie kommen sie zustande?
Die Differenz von 75 Punkten in der Lesekompetenz zwischen Erwachsenen mit und ohne Migrationshintergrund beschreibt den rohen Unterschied ohne Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren. Soziodemografische Faktoren wie Bildungsjahre, Alter, Geschlecht, Bildungsniveau der Eltern oder Aufenthaltsstatus können jedoch wesentlich zur Erklärung der Ergebnisse beitragen.
Wenn diese Faktoren in die Analyse einbezogen werden, zeigt sich, dass ein Teil des ursprünglichen Unterschieds nicht auf den Migrationsstatus an sich, sondern auf diese begleitenden Merkmale zurückzuführen ist. Beispielsweise könnten Erwachsene mit Migrationshintergrund häufiger ein niedrigeres Bildungsniveau haben oder in Berufen tätig sein, die weniger Lesekompetenz erfordern, was sich auf die Ergebnisse auswirkt.
Kompetenzen und Arbeitsmarkt
Höhere Kompetenzen verbessern die Beschäftigungschancen signifikant:
- Erwachsene mit hohen mathematischen Kompetenzen haben eine um 5 Prozent höhere Erwerbsbeteiligung.
- Das Arbeitslosigkeitsrisiko sinkt und die Löhne steigen im Durchschnitt um 14 Prozent.
Allerdings zeigt die Studie auch ein Missverhältnis zwischen Kompetenzen und Arbeitsplatzanforderungen. In Deutschland sind 28 % der Beschäftigten überqualifiziert und 7 Prozent unterqualifiziert. Zudem gibt es bei 33 Prozent der Befragten Diskrepanzen zwischen der Fachrichtung der Ausbildung und der tatsächlichen Tätigkeit.
Soziale Auswirkungen
Kompetenzen beeinflussen auch das individuelle Wohlbefinden und das bürgerschaftliche Engagement. Erwachsene mit hohen Kompetenzen gaben häufiger eine hohe Lebenszufriedenheit, einen guten Gesundheitszustand und freiwilliges Engagement an. Sie fühlten sich auch stärker in politische Prozesse eingebunden.
Methodik und Innovationen
Die Studie basiert auf digitalen Tests, die reale Lebenssituationen simulieren. In Deutschland nahmen 4.793 Personen teil, was einer Rücklaufquote von 45 Prozent entspricht. Erstmals wurde ein Fragebogen für Personen mit geringen Sprachkenntnissen angeboten, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erhöhen.
(11.12.2024, prh)
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