Bildung als Luxus? Geplante Steuerpflicht für viele Weiterbildungsangebote

Weiterbildung unter Druck: Warum die Steueränderung problematisch ist
Das Bundesfinanzministerium (BMF) plant, den Umsatzsteuer-Anwendungserlass zu ändern. Künftig sollen nur noch Weiterbildungsangebote umsatzsteuerbefreit sein, die einen direkten Bezug zum Beruf oder zur Berufswahl haben. Fachübergreifende Kompetenzen, die sowohl beruflich als auch privat relevant sind, könnten als Freizeitaktivitäten eingestuft und somit steuerpflichtig werden.
Kritiker wie der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) sehen darin eine Fehlinterpretation des EU-Rechts und befürchten negative Auswirkungen auf die Weiterbildungsbeteiligung und den sozialen Zusammenhalt.
Aktuelle Regelung der Umsatzsteuerbefreiung in der Weiterbildung
Derzeit sind Bildungsleistungen in Deutschland weitgehend von der Umsatzsteuer befreit. Dies gilt sowohl für gemeinnützige als auch für gewerbliche Anbieter und trägt dazu bei, dass Weiterbildungsangebote finanziell erschwinglich und vielfältig bleiben.
Steuerliche Vergünstigungen unterstützen insbesondere die berufliche Qualifizierung sowie die allgemeine Bildung und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Förderung des lebenslangen Lernens.
Geplante Änderungen und ihre Begründung
Das BMF begründet die Reform mit einer Anpassung an europarechtliche Vorgaben. Der Entwurf sieht vor, dass nur noch solche Weiterbildungsangebote von der Umsatzsteuer befreit bleiben, die einen unmittelbaren Berufsbezug aufweisen. Kurse zur Vermittlung von Soft Skills, demokratischer Bildung oder gesellschaftlicher Teilhabe wären demnach steuerpflichtig, da sie nicht explizit auf eine konkrete berufliche Qualifikation abzielen.
Diese enge Definition verkennt nach Ansicht des DVV die Bedeutung überfachlicher Kompetenzen, die in der modernen Arbeitswelt unverzichtbar sind. In einer Stellungnahme warnt der DVV davor, Bildung auf rein berufsbezogene Inhalte zu reduzieren, und fordert einen Dialog mit dem BMF.
Mögliche Auswirkungen auf Teilnehmende und Weiterbildungspersonal
Durch die Besteuerung würden viele Weiterbildungsangebote teurer, was vor allem Menschen mit geringem Einkommen benachteiligt. Der Zugang zu allgemeinen Bildungsangeboten, insbesondere für Ältere, Arbeitslose oder Geringverdiener, würde erschwert. Die bisherige Vielfalt der Weiterbildungslandschaft könnte durch die wirtschaftliche Benachteiligung nicht-gemeinnütziger Träger abnehmen. Die Steuerpflicht würde bestehende politische Programme zur Förderung des lebenslangen Lernens konterkarieren und zu einer faktischen Bildungsbarriere führen.
Forderungen und Ausblick
Der DVV fordert das BMF auf, die geplanten Änderungen zu überdenken und die Bedeutung allgemeiner und politischer Bildung für die Gesellschaft anzuerkennen. Es wird ein Dialog zwischen Politik, Bildungsträgern und der Öffentlichkeit angestrebt, um eine Lösung zu finden, die den vielfältigen Bildungsbedürfnissen gerecht wird und den Zugang zu Weiterbildung nicht erschwert.
(09.02.2025, prh)
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