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Kritische Debatte um Bildungszeitgesetz in Sachsen-Anhalt

 Bildungsurlaub (symbolisch)

In Sachsen-Anhalt stehen wichtige Veränderungen beim Bildungsurlaub bevor.

Das bisherige, fast 30 Jahre alte Bildungsfreistellungsgesetz soll durch ein modernes Bildungszeitgesetz ersetzt werden, das ab dem 1. September 2026 in Kraft treten soll.

Dieses neue Gesetz erweitert die bisherige Regelung deutlich: Neben beruflichen Themen werden künftig auch politische Bildung und Qualifikationen für ehrenamtliches Engagement offiziell anerkannt. Damit soll die gesellschaftliche Teilhabe gestärkt und lebenslanges Lernen gefördert werden.

Flexibler und moderner Bildungsurlaub

Bisher mussten Bildungsurlaubstage am Stück genommen werden, künftig genügen auch einzelne Tage oder halbe Tage mit jeweils mindestens vier Unterrichtsstunden. Zudem werden digitale und hybride Lernformate ausdrücklich als gleichwertig anerkannt.

Diese Anpassungen sollen es Beschäftigten erleichtern, Weiterbildung besser in den Arbeitsalltag zu integrieren. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleibt es bei einem Anspruch auf fünf Tage bezahlten Bildungsurlaub pro Jahr.

Das Antragsverfahren soll zudem unbürokratischer und transparenter werden, um die Nutzung des Angebots zu erhöhen.

Politische Kontroversen und Kritik

Der Gesetzentwurf wurde in erster Lesung im Landtag kontrovers diskutiert. Die SPD lobt die Modernisierung als wichtigen Schritt, um die Weiterbildungsbereitschaft zu steigern. Die CDU und FDP hingegen warnen vor einer Überforderung der Arbeitgeber, die bereits durch hohe Energiepreise und Fachkräftemangel belastet sind. Sie bezweifeln auch den betrieblichen Nutzen vor allem politischer Bildungsangebote. Die AfD lehnt das Gesetz ab und sieht lebenslanges Lernen eher in der Freizeit verwirklicht. Die Grünen fordern sogar noch mehr Bildungsthemen wie kulturelle Bildung und nachhaltige Entwicklung sowie finanzielle Unterstützung für kleine Unternehmen.

Chance zur steigenden Nutzung

Bislang wird der Bildungsurlaub in Sachsen-Anhalt kaum genutzt, mit Antragszahlen im zweistelligen Bereich jährlich. Mit den neuen, flexibleren Regelungen und einer Erweiterung der Bildungsinhalte hoffen Regierung und Bildungsministerium, die Akzeptanz und Teilnahme zu erhöhen. Die Landesregierung betont, dass Weiterbildung nicht nur die individuelle Entwicklung stärkt, sondern auch die Wirtschaft, Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Der Gesetzentwurf wurde gemeinsam mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften abgestimmt und soll nach weiteren Beratungen im Landtag endgültig beschlossen werden. Ziel ist es, durch die Modernisierung die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu sichern und lebenslanges Lernen stärker zu verankern.

Zentrale Änderungen des neuen Bildungszeitgesetzes zur bestehenden Regelung

ThemaBildungsfreistellungsgesetz 1998Bildungszeitgesetz (Entwurf) 2025
Begriff und Zielsetzung Freistellung zur beruflichen Weiterbildung Neuer Begriff »Bildungszeit« – umfasst berufliche, politische Bildung und Qualifizierung für Ehrenamt; Betonung Lebenslangen Lernens
Anspruch auf Freistellung 5 Arbeitstage im Kalenderjahr, Übertragbarkeit innerhalb von 2 Jahren 5 Arbeitstage im Kalenderjahr, Übertragbarkeit bis 30. Juni des Folgejahres; flexiblere Nutzung (auch halbtags, mindestens 6 Unterrichtsstunden)
Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, Auszubildende, Heimarbeitsbeschäftigte Zusätzlich Studierende mit dualem Studium, Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behinderung; weitere Konkretisierungen
Bildungsthemen Berufliche, thematisch ausgerichtete Weiterbildung Erweiterung um politische Bildung und Qualifizierung für Ehrenamt; Förderung von Vielfalt, Gleichstellung und Demokratiebewusstsein
Veranstalter und Anerkennung Anerkennung der Bildungsveranstaltungen durch Landesverwaltungsamt; Antrag schriftlich vor Veranstaltungsbeginn Anerkennung elektronisch, erweiterte Anerkennung z.B. für akkreditierte Studiengänge, Landeszentrale für politische Bildung, Bundeszentrale; Vereinfachtes Verfahren und längere Anerkennungsdauer (bis 3 Jahre)
Flexible Nutzung Mindestdauer meist ein Tag, mehrtägige Veranstaltungen üblich Flexiblere Veranstaltungen möglich; Anerkennung von Online- und Hybridformaten; Mindestdauer 6 Unterrichtsstunden/Tag, Ausnahmen für Auszubildende/Studierende
Ablehnung der Freistellung Arbeitgeber mit <5 Beschäftigten können ablehnen; Ablehnung nur bei dringenden betrieblichen Gründen, fristgerechte Mitteilung (mind. 3 Wochen vorher) Ähnliche Regelung mit Schutz der Kleinbetriebe; Ablehnung muss spätestens 10 Arbeitstage nach Antrag erfolgen; flexibler Umgang mit Interessensausgleich
Entgeltfortzahlung Lohnfortzahlung während der Freistellung Lohnfortzahlung bleibt, keine weiteren Ansprüche gegen Arbeitgeber
Erwerbstätigkeitsverbot während Bildungszeit Verbot der Erwerbstätigkeit, die dem Freistellungszweck widerspricht Gleichlautend, klare Fokussierung auf Weiterbildung als Zweck der Bildungszeit
Benachteiligungsverbot Schutz der Arbeitnehmer vor Nachteilen bei Freistellung Erweiterter Schutz, Abweichungen nur zu Gunsten der Anspruchsberechtigten erlaubt
Berichtspflicht Bericht an Landtag alle 4 Jahre Bericht an Landtag einmal pro Legislaturperiode (Erstbericht 2029); umfangreiche statistische Anforderungen
Gremien / Beirat Beteiligung von Verbänden bei Anerkennungen Einrichtung eines Beirats für Bildungszeit mit paritätischer Vertretung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, weiteren beratenden Mitgliedern, Ombudsstelle-Funktion
Inkrafttreten / Übergangsregelung Gesetz seit 1998 gültig, zuletzt geändert 2005 Inkrafttreten 01.09.2026, Ablösung des alten Gesetzes zum gleichen Zeitpunkt
(18.09.2025, prh)

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